Vortrag
A Forgotten History? Remembering and Reconstructing Infant Care in Postwar Germany
Referentin: Agnes Anna Arndt
16.05.2025 (von 14:30 Uhr - 15:30 Uhr)
London Foundling Museum
Beschreibung der Veranstaltung
Der Vortrag beleuchtet bislang kaum untersuchte Aspekte der Geschichte der institutionellen Säuglingsfürsorge in der Bundesrepublik Deutschland. Obwohl die außerfamiliäre Betreuung von Kleinkindern in Westdeutschland nach dem Zweiten Weltkrieg nur geringe soziale und politische Unterstützung fand, wurde sie dennoch praktiziert und zwar insbesondere in Fällen, in denen Eltern das Sorgerecht für ihre Kinder verweigert oder abgesprochen wurde. Unter der Annahme der Unfähigkeit der Eltern, das Wohlergehen ihrer Kinder zu gewährleisten, brachten staatliche Behörden Kinder in institutionellen Einrichtungen unter, manchmal mit, manchmal ohne elterliche Zustimmung. Obwohl der rechtliche Rahmen für solche Interventionen streng geregelt war, unterlag seine Anwendung einer Reihe dynamischer und oft widersprüchlicher Faktoren. Der Beitrag untersucht diese Dynamiken, indem er sowohl die Praxis als auch die gesellschaftliche Wahrnehmung der außerfamiliären Kinderbetreuung in den Nachkriegsjahrzehnten analysiert. Zu diesem Zweck stützt sich der Vortrag auf Gerichtsakten, biographische und autobiographische Dokumente sowie öffentliche Debatten. Durch die Verflechtung der gelebten Erfahrungen und Erinnerungen der betroffenen Mütter, Väter und Kinder mit privaten und kollektiven Perspektiven zielt der Beitrag darauf ab, die öffentliche Erinnerung an das Phänomen der institutionellen Säuglingsfürsorge im spezifischen historischen Kontext des Ost-West-Konflikts auszuleuchten.
Der Vortrag ist Teil der Konferenz "Infants and Institutions. Representations and Memories of Residential Homes for Babies and Young Children in Twentieth-Century Europe".

Deutsche Fotothek / Anders, Erich: Mütterberatungsstelle, 1968