Vortrag
"The wolves are coming back": Zur Politik der Angst in Ostdeutschland

Die BMBF-Nachwuchsgruppe REXKLIMA lädt zu einem Vortrag der REXKLIMA-Gastwissenschaftlerin Dr. Julia Leser ein: Im Zuge der zunehmenden Renaturierung ostdeutscher Landschaften, die lange von Braunkohlebergbau geprägt waren, sind Wölfe nach über 200 Jahren nach Deutschland zurückgekehrt. Diese Entwicklung wird von Naturschützern begrüßt, aber nicht von Landwirten, die um ihren Viehbestand fürchten. Rechtspopulistische Parteien wie die AfD verschärfen die Politik der Angst, indem sie die Figur der rückkehrenden Wölfe mit der Figur des Migranten gleichsetzen und zur ‘invasiven' Bedrohung ‘unserer Lebensweise’ stilisieren. Die Politisierung der Rückkehr der Wölfe nach Sachsen und Brandenburg als zunehmende Gefahr für die dort ansässige ländliche Bevölkerung stand vor allem im Zentrum des rechtspopulistischen Wahlkampfes 2018 und 2019, den wir ethnografisch-forschend begleitet haben. Die Wolfspolitik in diesen ruralen Räumen lebt von einer Polarisierung der Differenz und ist Ausdruck der zunehmenden Normalisierung rechter Politik, die bestimmen will, wer als zugehörig gilt und wer nicht, wer über die Zugehörigkeit entscheiden darf und wer in letzter Instanz auch gewaltsam ausgeschlossen werden soll. Während rechtspopulistische Parteien in ganz Europa auf dem Vormarsch sind, wird hier anhand der Politisierung der Rückkehr der Wölfe nach Deutschland illustriert, welche Mechanismen, Strategien, Narrative und politischen Emotionen den Aufstieg der Rechten befördern und in welche lokalen und historischen Kontexte diese Entwicklung eingebettet ist.

Dr. Julia Leser ist Politikwissenschaftlerin und Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt “Challenging Populist Truth-Making in Europe” an der Humboldt-Universität zu Berlin.