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Vortrag
Der Abschnittsbevollmächtigte der Deutschen Volkspolizei im Sicherheitssystem der DDR

Referent: Hendrik Malte Wenk
29.04.2022 - 12:30 Uhr
Ringberg Hotel, Suhl

Beschreibung der Veranstaltung

Hendrik Malte Wenk hält im Rahmen der 14. Geschichtsmesse der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur einen Vortrag zum Dissertationsprojekt "Der Abschnittsbevollmächtigte der Deutschen Volkspolizei im Sicherheitssystem der DDR".

Abstract:

Der Abschnittsbevollmächtigte der Deutschen Volkspolizei (ABV) war ein Wohngebietspolizist, der in der DDR für einen ganz bestimmten Wohnabschnitt als polizeilicher Ansprechpartner fungierte. Diese Funktion erfüllte er vor Ort für die Betriebe, Organisationen und die Abschnittsbewohner. Zum Beispiel war es möglich, beim ABV eine Beschwerde aufzugeben, statt dafür selbst eine Eingabe schreiben und verschicken zu müssen. Doch auch für die Lösung von Nachbarschaftsstreitigkeiten wurde er zuweilen im Abschnitt genutzt.

Allerdings war der ABV auch ein Überwacher. Er ermittelte gegen „verdächtige“ Personengruppen wie Ausländer, Rückkehrer, Zuziehende und Vorbestrafte. Ebenso ermittelte er, wenn ein Anwohner in den Westen reisen wollte. In diesen Fällen schrieb er einen Bericht an das Paß- und Meldewesen der Deutschen Volkspolizei, um die politische Einstellung des Antragstellers darzulegen und die Bindung in der DDR aufzuzeigen. Die Institution des Abschnittsbevollmächtigten war also genauso ambivalent wie das Sicherheitssystem in dem sie wirkte. Die ABV waren im großen Komplex „Sicherheit“ der späten DDR – als bürgernahe Polizisten – ein Instrument der sozialpolitischen Fürsorge und zugleich Teil der parallel massiv ausgebauten staatlichen Überwachung.

Das Dissertationsprojekt möchte der Frage nach der sozialen Praxis der ABV-Ermittlungen nachgehen. Der Arbeit liegt die Annahme zugrunde, dass die Tätigkeit der Abschnittsbevollmächtigten (und damit auch ihre Überwachungstätigkeit) unbedingt im Kontext bürgernaher Polizeipraktiken gesehen werden muss. Die zu überprüfende Hypothese lautet, dass die ABV deshalb so erfolgreich ermitteln konnten, weil in ihrer Polizeipraxis ähnliche sozialpsychologische Mechanismen zum Tragen kamen, die auch bei anderen bürgernahen Polizeiformen beobachtet werden können – wie zum Beispiel beim Community Policing aus dem angelsächsischen Raum.

Bundesstiftung Aufarbeitung

Bundesstiftung Aufarbeitung, CC BY-SA 4.0, Wikimedia Commons