Mehr Staat – mehr Sicherheit? Das (neue) sächsische Polizeigesetz in kritischer Betrachtung
06/02/2020
HAIT-Kolloquium: Staatlichkeit zwischen Demokratie, Umbruch und Sicherheit
Moderation: Prof. Dr. Thomas Lindenberger
Zum 1. Januar 2020 trat in Sachsen das neue Polizeigesetz in Kraft, welches noch in der vorhergehenden Legislaturperiode im April 2019 nach massiven Protesten beschlossen worden war. Mit dem Argument präventiv-polizeiliche Befugnisse an technische und digitale Realitäten anzupassen, wurden eine Vielzahl – nicht nur aus verfassungsrechtlicher Perspektive – bedenklicher digitaler Modernisierungen in das Gesetz geschrieben, sondern auch nicht wenige „analoge“ Kompetenzen der Polizei ausgeweitet. Kernstück der Debatte bleibt, ob die damit verbundenen Eingriffe in Grundrechte gerechtfertigt sind. Hat sich die Politik von einer Stimmung - entgegen empirischer Studien, die von weniger Kriminalität ausgehen - treiben lassen um „mehr Sicherheit“ zu schaffen? Wer bzw. welche Gruppen stehen im besonderen Fokus der neuen Handlungsmöglichkeiten? Kann das Argument, dass „wer nichts zu verbergen hat, hat auch nichts zu befürchten“ in einer Demokratie Grundlage für die Überwachungsmöglichkeit aller Bürger/innen bspw. im Rahmen des grenzüberschreitenden Verkehrs sein? Ist eine Militarisierung von Polizei angezeigt und was kann diese „in den falschen Händen“ anrichten?
In ihrem Vortrag „Mehr Staat – mehr Sicherheit? Das (neue) sächsische Polizeigesetz in kritischer Betrachtung“ im Rahmen des HAIT-Kolloquiums gab Dr. Kati Lang einen Überblick über die Ausgestaltung der umfassendsten Novellierung des sächsischen Polizeigesetztes seit 20 Jahren. Dabei wurde insbesondere auf die Fragen der Verfassungskonformität und der praktischen Auswirkungen sowohl die Bürger als Betroffen als auch für die Polizeibeamten als Anwender im Alltag eingegangen. Anschließend gab Dr. Kati Lang noch einen Ausblick auf das laufende, von Vertretern der Parteien Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke angestrengte Normenkontrollverfahren am Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen zur Überprüfung des noch von der CDU-SPD-Regierung 2019 verabschiedeten Gesetzes. Die abschließende Diskussion erweiterte den Fokus und reichte dabei von der historischen Genese der deutschen Polizei(gesetzgebung) bis zu praktischen Fragen zur Anwendung und den Konsequenzen des neuen Gesetzes im Detail.
Dr. Kati Lang ist als Rechtsanwältin in Dresden tätig. Sie promovierte an der juristischen Fakultät der TU Dresden bei Prof. Dr. Detlev Sternberg-Lieben zu Vorurteilskriminalität in der strafrechtlichen Praxis. Sie ist Mitglied im erweiterten Vorstand des Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV e.V.), als dessen Vertreterin sie im Rahmen der alternativen Anhörung im Januar 2019 kritisch zum Gesetzesentwurf Stellung bezogen hat.