Die Zeugen Jehovas im Dritten Reich und in der DDR
Feindbild und Verfolgungspraxis
Gerald Hacke
(Schriften des Hannah-Arendt-Instituts 41)
Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2011
ISBN 978-3-525-36917-3, 457 Seiten, Preis: 75,00 €
In den fünfzig Jahren, in denen in Deutschland Vertreter zweier ideologischer Heilsbotschaften herrschten, war die Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas verboten. Beide Regime glaubten in der Verweigerung eingeforderter Loyalitätsgesten, in der Verneinung jeglicher Wehr- und Kriegsdienste sowie in der illegalen Weiterführung des Glaubenslebens eine unmittelbare Bedrohung für ihre Herrschaft zu erkennen. Viele der Gläubigen ließen ihr Leben, Tausende wurden eingekerkert, verloren ihre berufliche Existenz oder wurden anderweitig drangsaliert. Lange Jahre von der Öffentlichkeit und der Geschichtsforschung vernachlässigt, sind die Zeugen Jehovas heute keine „vergessenen Opfer“ mehr.
Die fulminante Studie von Detlef Garbe „Zwischen Widerstand und Martyrium. Die Zeugen Jehovas im ‚Dritten Reich‘“ hat sowohl unter Historikern als auch innerhalb der Glaubensgemeinschaft weitere Aktivitäten zur Erforschung und Schilderung der Leiden unter der nationalsozialistischen Diktatur und unter dem SED-Regime angeregt. Daher soll der Blick in dieser Studie ganz bewusst nicht auf die Leiden der Opfer, sondern vielmehr auf die Institutionen der Repression und ihre Methoden gerichtet werden.
Trotz des Exklusivitätsanspruchs der Glaubensgemeinschaft und des Sonderstatus, den ihnen beide Regime zuordneten, kann es in verschiedener Hinsicht aufschlussreich sein, die Verfolgung der Glaubensgemeinschaft zum Mittelpunkt einer Betrachtung zu machen, wenn ihr Fall paradigmatisch dafür gesehen wird, wie abweichendes Verhalten politisiert und kriminalisiert, wie Feindbilder konstruiert sowie verbreitet wurden und wie diese sowohl das Repressionskonzept als auch das angewandte Methodenrepertoire beeinflussten.