Politischer Humanismus und „Verspätete Nation“
Helmuth Plessners Auseinandersetzung mit Deutschland und dem Nationalsozialismus
Wolfgang Bialas
(Schriften des Hannah-Arendt-Instituts 42)
Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2010
ISBN 978-3-525-36918-0, 295 Seiten, Preis: 55,00 €
Wolfgang Bialas konzentriert sich in diesem Buch auf Plessners politische Philosophie und Anthropologie und seine Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus. Die deutsche Spezifik des bürgerlichen Werte- und Gesellschaftssystems hatte Deutschland aus Plessners Sicht in den Sonderweg einer „verspäteten Nation“ geführt. Von übergreifender Bedeutung ist dabei der Zusammenhang von Ideologie, Politik und Moral. Mit der Metapher von Deutschland als der „verspäteten Nation“ wurde Plessner zum Stichwortgeber eines wirkungsmächtigen Diskurses über einen „deutschen Sonderweg„.
Vorgeführt wird, dass Plessners theoretisch anspruchsvolle wie politisch sperrige zeitgenössische Verschränkung von philosophischer Konzeptbildung, historischer Rekonstruktion und ideologiekritischer Analyse sich keineswegs auf solche Schlagworte reduzieren lässt. Indem er das Schicksal des Humanismus an das Gelingen der bürgerlichen Erneuerung Deutschlands im Angesicht der nationalsozialistischen Vernichtungsdrohung gegen die bürgerliche Gesellschaft knüpfte, schrieb Plessner die weltgeschichtliche Bedeutung Deutschlands auf eigene Weise fest.
Im Anschluss an Plessner wird der universelle Geltungsanspruch des politischen Humanismus und der universellen Bürger- und Menschenrechte gegen Konzepte kultureller Hegemonie und den selektiven Universalismus vermeintlich überlegener Rassen, Klassen und Kulturen herausgearbeitet. Dabei werden von Plessner behandelte Probleme aufgenommen und in ihrer Relevanz für aktuelle Debatten etwa des Pluralismus der Kulturen und des Totalitarismus diskutiert.