Medical humanities – „Krebs fühlen“
seminar
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Blocktermine, Beginn 10.11.2021
Haus 22, SR 5
Das Konzept der Medical Humanities ist als Antwort auf die Debatte um mögliche Defizite in der ärztlichen Ausbildung entstanden. Es geht davon aus, dass Medizin auch von sozialen und kulturellen Faktoren bestimmt wird. Angehende Ärztinnen und Ärzte benötigen daher auch Kompetenzen, die über die humanbiologischen Fachgebiete hinausgehen, um ihrer praktischen Aufgabe in problembewusster und verantwortungsvoller Weise gerecht zu werden.
„Es geht um eine sinnreiche und notwendige Ergänzung des Curriculums durch die Möglichkeit, kulturwissenschaftliche Themen der Medizin zu erörtern. Dabei (soll) die Perspektive der angehenden Ärztinnen und Ärzte für Disziplinen wie Philosophie, Geschichte, Literatur oder auch die Bildenden und Darstellenden Künste eröffnet werden“, so der erste Inhaber der Professur für Medical Humanities in Deutschland an der Charité Berlin, Heinz-Peter Schmiedebach.Thematische Schwerpunkte sind u.a. die Arzt-Patienten-Beziehung, das Erleben und Bewältigen von Krankheit in unterschiedlichen Kulturen sowie das Verhältnis von Gesellschaft und Medizin in Geschichte, Gegenwart und Zukunft. „Krebs ist der König aller Krankheiten“, schrieb der US-amerikanische Onkologe Siddhartha Mukherjee in seinem mit dem Pulitzerpreis ausgezeichneten Bestseller von 2010.
Was er damit meinte, war nicht nur die Tatsache, dass diese Krankheit aus medizinischer Sicht so außerordentlich komplex ist. Er wollte auch darauf aufmerksam machen, dass in der Auseinandersetzung mit Krebs immer wieder Grenzen von Gesellschaft, von Wissenschaft, von Ökonomie und nicht zuletzt von persönlicher (Mit-)Leidensfähigkeit neu verhandelt wurden. Deshalb wollen wir uns in diesem Seminar mit der Geschichte der Krebserkrankung im 19.und 20. Jahrhundert intensiv auseinandersetzen. Filme, bildliche Darstellungen und literarische Zeugnisse stehen auf unserem Programm. Davon ausgehend wollen wir das Durchleben dieser Krankheit mit all ihren Gefühlszuständen – Angst, Verzweiflung, Hoffnung, Zuversicht und Trauer – thematisieren. Wir planen Filmsitzungen mit Früherkennungsfilmen aus dem 20. Jahrhundert ebenso wie mit aktuellen Spielfilmen zum Thema. In drei Blockseminaren (Fr./Sa.- Termine nach Absprache) geht es anhand von persönlichen Briefen und einer Novelle um Krebserkrankungen und –therapie im 19. Jahrhundert, anhand von Plakaten aus Gesundheitsausstellungen ebenso wie auf der Grundlage eines Ärzte-„Knigges“ um den Umgang mit Krebs in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, insbesondere im Nationalsozialismus, sowie um die Erfahrungen von Patient*innen und das Sprechen über Krebs in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts beziehungsweise im frühen 21. Jahrhundert.
Das Seminar wird von Frau Dr. Bettina Hitzer zusammen mit Frau Prof. Dr. Eva Brinkschulte durchgeführt.
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