Festlicher Abschied
Zum 1. Oktober 2024 verabschiedet sich Thomas Lindenberger, Direktor des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung e. V. (HAIT) und Professor für Totalitarismusforschung an der TU Dresden, in den Ruhestand. Nachdem Thomas Lindenberger im Jahr 1992 über die „Sozialgeschichte der öffentlichen Ordnung in Berlin von 1900 bis 1914“ an der Technischen Universität Berlin promoviert hatte, führte ihn sein Weg 1993 an den „Forschungsschwerpunkt Zeithistorische Studien Potsdam“, aus dem 1996 das Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF) hervorging; 2009 gelang der Aufstieg in die Leibniz-Gemeinschaft. In Potsdam wandte sich Lindenberger verstärkt der DDR-Geschichte zu und leitete von 1996 bis 2007 verschiedene Forschungsprojekte. 2002 gelang ihm die Habilitation mit einer Schrift zur „Volkspolizei. Herrschaftspraxis und öffentliche Ordnung im SED-Staat 1952–1968“ an der Universität Potsdam. Ab 2007 leitete er gemeinsam mit Jens Gieseke die ZZF-Abteilung „Kommunismus und Gesellschaft“. 2009 ging er nach Wien, um dort bis 2012 als Leiter des Ludwig Boltzmann Instituts für europäische Geschichte und Öffentlichkeit zu fungieren. Nach seiner Rückkehr ans ZZF im Jahr 2012 übernahm er bis 2017 erneut die Leitung der Abteilung „Kommunismus und Gesellschaft“. 2017 erfolgte schließlich seine Berufung zum Professor für Totalitarismusforschung an der TU Dresden und die Bestellung zum Direktor des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung e. V. an der TU Dresden.
Unter seiner Leitung stellte sich das Institut erstmals einem Evaluierungsverfahren durch den Wissenschaftsrat (WR). Das Gremium sah das HAIT mit dem neuen Direktor auf „dem richtigen Weg“ und forderte, den unter Thomas Lindenberger begonnenen Erneuerungsprozess konsequent weiterzuführen.
In dieser Phase wurden die Forschungsfelder neu strukturiert und um die zukunftsträchtigen Schwerpunkte Transformationsgeschichte und Digital Humanities erweitert. Lindenberger erneuerte das interdisziplinäre Forschungsprofil des HAIT mit einer engen Verbindung von Geschichts- und Politikwissenschaft. Der interdisziplinäre Vergleich von Diktaturen, Extremismen und Transformationen gilt als Alleinstellungsmerkmal des HAIT in der deutschen Forschungslandschaft.
Darüber hinaus konnten während seiner Amtszeit die Kooperationsbeziehungen national wie international substanziell ausgebaut werden, was zugleich zur Internationalisierung der Forschungs- und Publikationstätigkeit beitrug. In diesem Zusammenhang ist besonders die Anfang 2023 mit Finanzierung durch das BMBF begründete Forschungsgruppe „Rechtsextremismus vs. Klimawandel“ zu nennen, in der sich verschiedene Ziele, die für Thomas Lindenbergers Institutsführung zentral waren, bündeln: Nachwuchsförderung, Interdisziplinarität, Internationalisierung und Intensivierung der Zusammenarbeit mit der TU Dresden. Durch sein Wirken konturierte Thomas Lindenberger maßgeblich die inhaltliche und strategische Ausrichtung des Institutes und stellte entscheidende Weichen für dessen Zukunft.
Thomas Lindenberger bleibt dem HAIT als Fellow auch weiterhin eng verbunden. So betreut er noch Forschungsprojekte und ko-organisiert am HAIT die „Hermann-Weber-Konferenz zur Historischen Kommunismusforschung“ (2026).
Das HAIT verabschiedete seinen langjährigen Direktor am 25. September 2024 mit einer Festveranstaltung im Klemperer-Saal der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB). Dort würdigten der stellvertretende Direktor des HAIT, Uwe Backes, die Rektorin der TU Dresden, Ursula M. Staudinger, der Staatssekretär des SMWK, Andreas Handschuh, und die Inhaberin der Professur für Neuere und Neueste Geschichte der TU Dresden, Dagmar Ellerbrock, das bedeutende wissenschaftliche Wirken Thomas Lindenbergers sowie sein großes Engagement für das Institut. Die ihm gewidmete Festschrift mit dem Titel »Mehr als Eigensinn« erscheint – ganz im Sinne des Vermächtnisses des Transformationsprozesses des HAIT in seiner Amtszeit – digital auf dem Blog des Instituts „Denken ohne Geländer“. Die Reihe wird von Friederike Kind-Kovács und Claudia Böttcher herausgegeben und umfasst persönliche Beiträge seiner wissenschaftlichen Weggefährtinnen und Weggefährten.
Zu Mehr als Eigensinn – Das Schaffen von Thomas Lindenberger
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