Sozialverwaltung zwischen Demokratie und Diktatur. Strukturen und Politik von 1918 bis 1939 am Beispiel Dresdens
Diktaturforschung / Forschungsfeld
Sachsen im Nationalsozialismus / Forschungsschwerpunkt
ab 10.2017 / Laufzeit
Benjamin Werner / Koordination
PROJEKTBESCHREIBUNG
Gegenstand der Untersuchung ist das Dresdner Fürsorgeamt. Organisation und Praxis dieser traditionellen öffentlichen Verwaltung werden in zäsurübergreifender Perspektive und unter Berücksichtigung forschungsrelevanter Fragestellungen und Thesen analysiert. Der Untersuchungszeitraum erstreckt sich auf die Jahre zwischen 1918 und 1939. Haben bisherige Forschungen bereits gezeigt, dass die Kommunalverwaltungen im NS-Herrschaftsgefüge eine systemstabilisierende Funktion innehatten, gar antisemitische Initiativen eigenständig entwickelten, mithin eine gewichtige Rolle im NS-Regime spielten, so bleiben mit Blick auf das konkrete Verwaltungshandeln essentielle Fragen offen. Das betrifft vor allem die Frage nach den Handlungsspielräumen und Motiven der Verwaltungsangehörigen. Nicht selten wird NS-konformes Handeln auf politisch-ideologische Übereinstimmungen zwischen konservativer Bürokratie und NS-Machthabern zurückgeführt. Daneben werden Verwaltungen in Anlehnung an Max Weber als berechenbare sowie leicht steuer- und programmierbare „Maschinen“ beschrieben, deren Mitarbeiter nur „kleine Rädchen im großen Getriebe“ waren; all dies greift zu kurz. Diese Studie geht neue Wege und fokussiert den Handlungskontext; sie generiert mithilfe der Organisationstheorie präzisere Analysen des organisationalen Rahmens der Verwaltungsmitarbeiter, um besser als bisher die Funktionsweise der öffentlichen Verwaltung, das Eindringen rassenideologischer Imperative und schließlich die Rolle der Verwaltung im NS-Staat zu verstehen. Diese Studie leistet damit nicht nur einen Beitrag zur Stadtgeschichte, sondern vielmehr noch zur NS- und Bürokratieforschung.